Monday 18 July 2011

Die Wacht in Wapping

Der Abhörskandal um die News of the World ist nicht nur eine Blamage für eine Zeitung oder einen Konzern. Vielmehr zeigt er die Verstrickungen zwischen der Macht Murdochs, der Polizei und der Politik. Als solches handelt es sich um eine Krise für einen gewaltigen Komplex - eine Krise, die die Meinungshoheit der britischen Herrscher insgesamt bedrohen könnte.

Das ist das Ausmaß des Skandals. Kein Wunder, daß Murdochs Parteigenossen darum ständig versuchen, das Ganze kleinzureden. Mein Lieblingsfeind Jan Fleischhauer zum Beispiel sieht hier nur einen Konflikt zwischen Murdoch, dem Helden der konservativen Volksmeinung, und linken Eliten, die den armen Mann wegen seiner unliebsamen politischen Überzeugungen verfolgen.

Es ist typisch für Fleischhauer, erstens das Thema grob zu entstellen und zweitens allerortens die Verschwörung der "Linken" zu wittern - die zu definieren er übrigens nicht vermag. In dieses Schema muß alles passen, darum die Verzerrung. Es lohnt sich darum selten, sich an Herrn Fleischhauer abzuarbeiten.

Dennoch muß der Behauptung entschieden widersprochen werden, daß, "wer auf die bunten Blätter herabschaut [sic!], [...] in Wahrheit auch das Volk [verachtet], das diese Medien groß und mächtig macht". Erstens wird hier wieder der eigentliche Punkt verzerrt: es geht hier nicht um den Boulevard an sich, sondern um die Macht Murdochs in Großbritannien, der ein stetig wachsendes Regiment von Medien straff nach Parteilinie gegen Migranten, Schwule und Linke hetzen läßt. Damit wird echte politische Meinungsbildung natürlich erschwert.

Wer also ein sich aggressiv ausbreitendes Imperium als letzte Bastion der Volksmeinung verstanden sehen will - wer den Milliardär Murdoch und einen gelackten Schreiberling zum Helden des kleinen Mannes macht - , der verdreht klar die realen Machtverhältnisse. Das hat bei Fleischhauer Methode. Er stilisiert sich stets als publizistischen Guerillakämpfer, als letzten Konservativen, den die linke Hegemonie mundtot machen will. Ironisch ist dabei, daß diese Selbststilisierung zum Opfer eben das ist, was Fleischhauer angeblich an den Linken mißfällt.

Zuletzt obliegt es mir, Herrn Fleischhauers albernes Nichtargument über entrüstete Deutsche abzutun: 
Die meisten, die sich nun hierzulande über Murdoch und die Recherchepraktiken in dessen Reich erregen, haben zwar wohl noch nie eines seiner Produkte in der Hand gehalten, aber man kann sich ja auch fremdempören. Das ist sogar noch schöner, als wenn man selbst nah dran ist.
  Nun muß man Herrn Fleischhauer zugestehen, daß er tatsächlich auch schon in Übersee gearbeitet hat. Zur Zeit linst er aber auch nur über seinen deutschen Schreibtisch. Nun, ich lebe in England, bin darum nah dran und darf Herrn Fleischhauer versichern, daß ich Murdochs Produkte in Händen gehalten und mich auch darum mitempört habe. Als dürfe man sich als Ausländer nicht aufregen: was wird da aus aller Empörung über die Zustände beim Feind, von Iran bis Nordkorea? Die sollten Fleischhauer und seine Spießgesellen dann wohl auch zurückziehen und sich auf eigene Sauställe besinnen.

Fleischhauer glaubt, in Kafkascher Hatz von der Linken verfolgt zu werden. Seine Wahnvorstellungen seien ihm gegönnt. In Wirklichkeit aber ist es Murdoch, dem in Großbritannien ein mächtiges Sprachrohr gehört. Der Kanonendonner gegen die Feinde des Australiers kann hier Debatten schaffen und abwürgen - dazu müssen oft nicht einmal Lügen geschmiert werden, Verzerrung reicht. Wer offene demokratische Meinungsbildung will, kann den Niedergang des Wapping-Reiches kaum bedauern.

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